Zähne putzen, frühstücken und den Druckverlust in der Heizung ausgleichen – wenn die morgendliche Routine derart gestaltet wird, ist klassische Detektivarbeit gefragt. Zwar handelt es sich in den meisten Fällen um geringfügige Wartungsmängel oder Anwenderfehler, die leicht behoben werden können. Doch kann ständiger Druckverlust in der Heizung auch durch undichte Rohre hervorgerufen werden.
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Dem Wasserdruckverlust auf der Spur
Die Folgen von Druckverlust in der Heizung äußern sich für den Nutzer in schlechterer Heizleistung, möglicherwiese begleitet von gluckernden Geräuschen. Es ist also allein schon aus Komfortgründen sinnvoll, dieses Problem möglichst schnell anzugehen.
Noch gravierender als wenig Heizleistung können aber die Folgen für die Bausubstanz sein: Mit dem Worst-Case-Szenario ist nicht zu spaßen, da das Leitungssystem größtenteils unter Putz verlegt wird. Das Mauerwerk absorbiert kleinere Mengen Flüssigkeit, sodass der Schaden oft jahrelang unbemerkt bleibt – abgesehen vom Schimmel, der sich in den Wänden festsetzt. Kommt Nachtfrost hinzu, platzt zunächst der Putz ab. Wer dann nicht handelt, muss mit gravierenden Schäden an der Bausubstanz rechnen. Die Gefahrenlage ist damit ausreichend erfasst. Dem gewissenhaften Hobbydetektiv muss nun daran gelegen sein, die technischen Hintergründe zu verinnerlichen. Oder um es mit Columbos Worten zu sagen: Ich hätte da noch ein paar Fragen…
Wie hoch muss der Druck im System sein?
Das ist in erster Linie von der Höhe des Gebäudes abhängig: Das Druckniveau muss am obersten Heizkörper etwa um 0,5 bar über dem dort herrschenden Atmosphärendruck liegen. Im typischen Einfamilienhaus bewegt man sich mit 1,5 bis 1,8 bar im grünen Bereich. Der Ist-Wert wird dem Manometer am Heizkessel entnommen. Heutzutage kommt die Anzeige nicht selten digital daher, weist den empfohlenen Druck wie ihre analogen Kameraden aber noch immer mittels farblicher Markierungen aus.
Wie viel Druckverlust bei der Heizung ist normal?
Die ersten Anzeichen für zu niedrigen Druck sind gluckernde Leitungen und Heizkörper, die sich sehr langsam oder gar nicht mehr erwärmen. Es besteht kein Grund zur Beunruhigung, wenn dies ein- bis zweimal pro Heizsaison geschieht: Ein gewisser Druckverlust ist in der Heizung unumgänglich, weil das Wasser im laufenden Betrieb teilweise verdampft. Hierdurch steigt der Innendruck im Rohrsystem, welcher übers Sicherheitsventil entweicht.
Auch beim Entlüftungsvorgang ist ein leichter Druckverlust zu verzeichnen. Es muss zudem das Betriebsalter der Heizung berücksichtigt werden: Dichtungen und Muffen werden mit der Zeit porös. In den Rohren lagert sich Kalk ab, was zur Querschnittsverengung und damit zum erhöhten Wasserdruckverlust führt. Der Effekt der einzelnen Ausfalltore mag minimal sein. In der Summe führen sie jedoch dazu, dass ältere Anlagen (ab 20 Jahren) häufig monatlich aufgefüllt werden müssen. Hierbei ist mit Fingerspitzengefühl vorzugehen, um nicht ins andere Extrem zu verfallen. So genügen im Einfamilienhaus oft schon 0,5 l, um den Druckverlust in der Heizung auszugleichen.
Was geschieht bei zu hohem Wasserdruck?
Kupferleitungen, Kessel und Heizkörper sind für den Druck von 20 bar ausgelegt. An den neuralgischen Stellen (Dichtungen, Schweißnähte) wird hingegen schon bei 5 – 6 bar die kritische Marke überschritten. Bei intaktem Überlaufventil wird dem System das überschüssige Wasser umgehend wieder entzogen. Demzufolge kann es diesbezüglich eigentlich keine Bedienungsfehler geben.
Leider neigen die Ventile selbst zu Fehlfunktionen. Dauerhaft erhöhter Wasserdruck wird zunächst Schäden an empfindlichen Bauteilen verursachen. Hierzu zählen die Pumpe, das Membranausdehnungsgefäß (MAG) und verschiedene Messfühler. Verstärkt sich der Druck, wird das Rohrleitungssystem eher früher als später an seine Belastungsgrenze stoßen.
Ursachenforschung
Damit stehen unserem Klempner-Columbo jetzt genügend Informationen zur Verfügung, um die Tatverdächtigen zu selektieren. Er orientiert sich hierbei an der Handlungsanweisung für Heizungsbauer. Dort heißt es, dass ständiger Druckverlust in der Heizung durch vier Fehlerquellen hervorgerufen werden kann, die nun ihrer Wahrscheinlichkeit nach ins Verhörzimmer geleitet werden.
Membranausdehnungsgefäß MAG
Das Ausdehnungsgefäß ist der Garant dafür, dass der Druck im laufenden Betrieb konstant bleibt. Zwei von einer Gummimembran getrennte Kammern sind mit Wasser bzw. Stickstoff befüllt. Bei laufendem Kessel wird das Gas durch höheren Innendruck komprimiert, um sich im Stand-By-Modus wieder auszudehnen. Die Methode ist effektiv, aber auch sehr sensibel: Anlagen- und Vorspanndruck der Membran müssen penibel aufeinander abgestimmt werden. Bei der Dimensionierung sind Parameter wie der Ausdehnungskoeffizient der Heizungsflüssigkeit, der Maximaldruck und die Höchsttemperatur zu berücksichtigen.
Ein falsch eingestelltes Membranausdehnungsgefäß ist die häufigste Ursache für Druckverlust in der Heizung. In den meisten Fällen ist die Stickstoffseite nicht mehr ausreichend befüllt. Die Druckregulierung wird dann nur noch anteilig realisiert, woraufhin mit dem Überlaufventil der zweite Druckwächter auslöst. Auf unmittelbare Art lässt sich der Innendruck im MAG nur mit Spezialinstrumenten messen. Es gibt aber eine einfache Methode, ihn indirekt zu ermitteln: Bei optimaler Abstimmung kann man die Heizung bis zum Druck von 1 bar sehr schnell befüllen. Im Anschluss flacht die Kurve rapide ab. Je weniger Gas im MAG verblieben ist, umso später wird der Sättigungsgrad erreicht.
Sicherheitsventile
Das Bauteil mit dem charakteristischen roten Absperrhahn findet sich in der Zuleitung wieder. Seine Funktionsweise ist mechanischer Natur: Eine federverstärkte Klappe wird mit dem gesamten Anlagendruck belastet, der im laufenden Betrieb ansteigt. Wird der Wert von beispielsweise 2,5 bar überschritten, löst das Ventil aus. Wenn das Wasser in der Heizung wieder abkühlt, strömt Luft nach und die Klappe schließt. Der Vorgang wiederholt sich in der Aufheizphase sehr häufig und begünstigt damit Korrosion.
Defekte am Überdruckventil sind daher nicht selten der Grund dafür, dass ständiger Druckverlust in der Heizung registriert wird. Ein sicheres Anzeichen für ein angegriffenes Innenleben sind Tropfen, die während und nach dem Heizen aus dem Ventil austreten. Abhilfe kann nur durch Austausch geschaffen werden, weshalb das Überdruckventil und auch das Ausdehnungsgefäß im Rahmen der jährlichen Wartung einer gründlichen Funktionsprüfung zu unterziehen sind.
Fehlerhaftes Entlüften
Dass Luft ins System eindringt, um den Wasserdruck stabil zu halten, ist sehr wohl beabsichtigt. Mithilfe selbstständiger Entlüfter kann sie sogar eigenständig austreten. Bei etwas älteren Anlagen muss man hingegen noch selbst am Heizkörper tätig werden und das Ventil mit einem Vierkantschlüssel öffnen. Die häufigsten Fehlerquellen sind hier Nachlässigkeiten beim Zudrehen und fehlende Verschlusskappen. In beiden Fällen bewirkt der beim Abkühlen entstehende Druckverlust (0,1 – 0,2 bar), dass Luft in den Heizkörper eindringt. Das Heizungswasser wird verdrängt und tritt beim nächsten Durchlauf aus dem Überlaufventil aus.
Rohrbruch
Alle bisher aufgeführten Druckregulierer dienen ausschließlich dem Ziel, den Super-GAU zu vermeiden. Dabei müssen die Rohre nicht immer gleich meterweit aufplatzen. Es greift hier nämlich das berühmte Kettenprinzip, demzufolge das schwächste Glied zuerst reißt. Das kann unter anderem Blindstopfen und Verschraubungen betreffen. Selbst an einem ungenutzten Heizkörper können Leckagen auftreten, wenn eindringende Luft die Zuleitung angreift. Sichtbare Wasserlachen sind freilich das deutlichste Signal für undichte Leitungen. Viel häufiger treten jedoch kleine Lecks auf, die sich nicht eindeutig lokalisieren lassen. Da kann der Fachmann mit zahlreichen Analyseinstrumenten weiterhelfen. Er ist auf jeden Fall zu kontaktieren, wenn ständiger Druckverlust in der Heizung dazu führt, dass der Sollwert dauerhaft um 0,5 bar unterschritten wird.
Fall abgeschlossen: Cold Case Druckverlust
Die Rückschau verdeutlicht, dass es keines Meisterdetektivs bedarf, um den Übeltäter für den Druckverlust zu entlarven: Die integrierten Druckwächter (Ausdehnungsgefäß und Überlaufventil) sind die ersten Anlaufstellen. Wenn sie reibungslos funktionieren, muss ein externer Grund der Auslöser fürs Dilemma sein.
Wie bei jeder Fehlersuche entscheidet auch hier das Basiswissen über den Erfolg: In welchem Betriebszustand befindet sich die Anlage zum Zeitpunkt der Diskrepanz? Wie viel Druckverlust bei der Heizung ist normal und wann muss der Fachbetrieb ran? Welche Wartungsintervalle sind einzuhalten? All diese Dinge gilt es nicht zuletzt deswegen im Auge zu behalten, weil zu niedriger Druck Einfluss auf die Heizleistung nimmt.