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Silikon vs. Acryl

«Welcher Dichtstoff schneidet im Duell besser ab?»

Mit Dezemberbeginn ist in Deutschland mal wieder die besinnliche und für manche wohl auch hektische Adventszeit angebrochen. So wird die Vorfreude auf die schönste Zeit des Jahres von der nicht enden wollenden Suche nach Präsenten und dem Bemühen, das Eigenheim vor dem Eintreffen der Verwandten noch schnell auf Vordermann zu bringen, beständig getrübt. Inwieweit Dichtstoffe dabei behilflich sein können und in welchem Fall Silikon oder Acryl zum Abdichten verwendet werden sollte, erfahren Sie im folgenden Ratgeber. Unser Hauptaugenmerk wird dabei den Produkten des Marktführers Fischer gelten.

Der Sinn des Klebens

So mancher Leser dürfte an dieser Stelle stutzen, da er Acryl und Silikon bislang als ambivalente Baustoffe erachtete und immer denjenigen verwendete, den er gerade im Haus hatte. Und der Gedankengang ist nicht so weit hergeholt, weil sich die Dichtungsmassen hinsichtlich ihrer Konsistenz und Optik kaum voneinander unterscheiden. Ihre Individualität verbirgt sich demnach in weniger oberflächlichen Merkmalen, was vor allem die jeweiligen Materialeigenschaften und Einsatzgebiete betrifft.

Eine typische Klebepistole
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Um diese vollumfänglich nachvollziehen zu können, dürften aber zunächst zumindest einige grundlegende Kenntnisse der chemischen Zusammensetzung der Dichtstoffe nicht schaden. So hat Silikon seine hohe Hitzebeständigkeit und Elastizität sowie die Resistenz gegen zahlreiche Säuren, in erster Linie seinem hohen Silizium-Anteil zu verdanken, der um einige synthetische Polymere ergänzt wurde. Sein wichtigstes Merkmal ist jedoch zweifelsfrei, dass es während des Trocknungsvorgangs stark aushärtet, weshalb es bis heute als Basissubstanz zahlreicher Industrie-Kleber fungiert.

Den Begriff Acryl verwenden Chemiker wiederum, um eine ganze Gruppe künstlicher Substanzen und deren Einzelkomponenten zu beschreiben. Aus jener Gruppe finden im Industriebereich vor allem Abbauprodukte der Acrylsäure Anwendung, aus dessen physikalischen Eigenschaften besonders ihre hohe Oberflächenhärte, die starke Reflektion und Wechselwirkung mit zahlreichen Elementen herausstechen. So bestehen heutige Lacke und Farben hauptsächlich aus ungesättigten Acrylaten, welche darüber hinaus in Haushalts-Klebstoff enthalten sind.

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Angesichts dieser Vorzüge, ist es wenig erstaunlich, dass die Chemieindustrie Silikon oder Acryl als Kernsubstanz favorisierten, als die Baubranche nach einem flexibel einzusetzenden Dichtstoff verlangte. Und weil aus den beiden Substanzen schließlich zwei unterschiedliche Dichtmittel zur Marktreife gelangten, steht den Verbrauchern heutzutage eine breite Auswahl an Anwendungsgebieten zur Verfügung.

Silikon und Acryl: Brüder im Geiste

Dass sich beide Alternativen auf dem Markt halten konnten, lässt sich aber auch darauf zurückführen, dass ihre jeweiligen Vorzüge nicht in allen Aspekten übereinstimmen. Denn vom Grundprinzip her ist Dichtstoff letztendlich nur mit chemischen Weichmachern versetzter Kleber, weshalb dessen ursprüngliche Eigenschaften weitgehend erhalten bleiben. So zeichnen sich silikonhaltige Dichtstoffe unter anderem durch

  • wasserabweisende Eigenschaften
  • Dauerelastizität (auch nach dem Abdichten)
  • fehlenden Volumenschwund während des Aushärtungsprozesses
  • und ihre schimmelabweisende Wirkung

aus, wodurch sie sich besonders für den Einsatz im Sanitärbereich und in Räumen mit hoher Luftfeuchtigkeit, wie etwa der Küche, eignen. Abgesehen davon werden sie aufgrund ihrer hohen Flexibilität bevorzugt zum Abdichten solcher Dehnungsfugen eingesetzt, deren Umgebungsmaterial sich temperaturbedingt stark ausdehnt und zusammenzieht (trifft auf die meisten Holz- und Natursteinarten zu). Daraus leitet sich allerdings auch der größte Nachteil von Silikon ab: Farbige Anstriche halten auf der nicht statischen Dichtmasse nur kurze Zeit, weshalb es selten in Wohnräumen zur Anwendung kommt, die bereits eher dem Aufgabenbereich acrylathaltiger Baustoffe zuzurechnen sind.

Fugen an einem Waschbecken dichten
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Denn schließlich handelt es sich dabei um eine Dichtmasse, die recht stark aushärtet und dabei eine grobporige Kunststoffoberfläche bildet, an der Farbpigmente ausgezeichnet haften können. Von der Anwendung im Innenausbau abgesehen, wird Acryl daher überwiegend zum Verfugen und Ausbessern von

  • Beton
  • Mauerwerk
  • Putz
  • hölzernen Materialien
  • und Glasflächen

eingesetzt, was auch Rollladenkästen und Fensterbänke miteinschließt, also im Prinzip alle Materialien, bei denen keine hohen Dehnungsaktivitäten zu erwarten sind, wenngleich kleinere Schwankungen schon toleriert werden können. Auf der anderen Seite weist dieser Dichtstoff atmungsaktive Eigenschaften auf, was ihn zugleich wasserdurchlässig macht. Dementsprechend verfügt er über keinen wirkungsvollen Schimmelschutz und sollte daher nicht in Feuchträumen zur Anwendung kommen. Zudem gilt es zu berücksichtigen, dass im ungestrichenen Zustand zahlreiche Schmutzpartikel an der grobkörnigen Oberfläche des Acryls haften bleiben, was es in diesem Fall sehr pflegeintensiv werden lässt. Wie es Tim Taylor in seiner fiktiven Heimwerker-Show aber nicht müde wurde zu betonen, sollte man bei handwerklichen Projekten im eigenen Haus grundsätzlich auf qualitativ hochwertige Artikel zurückgreifen, um wirklich alle Vorzüge einer Produktklasse zu erhalten.

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Fischer – der Heimwerkerkönig aus dem Schwarzwald

Und dieser Umstand trifft auf das Sortiment des Weltmarktführers (laut einer Studie der Universität St. Gallen) für Befestigungssysteme zweifellos zu. Aufmerksame Baumarktbesucher dürften das mittelständische Unternehmen mit Hauptsitz im baden-württembergischen Waldachtal bislang vor allem als Dübelspezialist wahrgenommen haben. Tatsächlich stellte die Entwicklung des S-Dübels im Jahre 1958 nur die erste innovative Idee der Fischer Holding GmbH dar, die weltweit inzwischen 5.000 Mitarbeiter beschäftigt und im Geschäftsjahr 2017 einen Bruttoumsatz von 812 Mio. Euro erwirtschaftete, der sich natürlich nicht allein mit der Produktion von Dübeln erzielen lässt. So hat sich die Firma durch Zukäufe mittlerweile mehrere Standbeine geschaffen, unter anderem in der Elektrotechnik- und Automatisierungsbranche sowie als Zulieferer der Automobilindustrie. Schließlich startete mit der 1997 erfolgten Übernahme der ROCCA Bauchemie GmbH auch die Produktion von Bau- und Klebstoff.

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Diese Unternehmenssparte erwirtschaftet den Löwenanteil ihrer Einnahmen bis heute mit der Herstellung kostengünstiger Industrie-Kleber und Baustoffe auf Silikon- oder Acryl-Basis, die über die Produktion klassischer Dichtmassen für den Maler- und Sanitärbereich weit hinausgehen. So finden sich im Produktsortiment unter anderem silikonhaltige Dichtstoffe, die sich zum Verfugen von Steinböden bzw. Natursteinen eignen. Darüber hinaus waren Bemühungen erfolgreich, die Hitzebeständigkeit von Silikon nachhaltig zu erhöhen, was den Vertrieb zahlreicher Baustoffe zur Folge hatte, die schwer entflammbare Eigenschaften aufweisen und daher zum Beispiel in Kaminen verarbeitet werden können. Zudem gelang es offenbar, die Herstellung von Sanitärbaustoffen ohne Zusatz von Acetat (Essigsäure) zu realisieren, wodurch sich deren starker Essiggeruch während des Aushärtens deutlich reduzieren ließ.

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Im Vergleich dazu sind bei acrylhaltigen Baustoffen zwar weniger, aber dennoch beachtenswerte Fortschritte erzielt worden. Dies betrifft zunächst die Entwicklung von Strukturacryl, das deutlich leichter zu verarbeiten ist als herkömmliche Baustoffe. Davon abgesehen konzentrierten sich die Anstrengungen des Marktführers in den letzten Jahren darauf, im Zuge der Produktion acrylhaltiger Kleber und Baustoffe vermehrt umweltneutrale Inhaltsstoffe zu verwenden. Nach den Produktinformationen fehlen nun aber natürlich noch Anwendungshinweise, um der Parallele zu „Tool Time“ zu einem würdevollen Abschluss zu verhelfen.

Praxistipps und Tricks

Wer sich nach diesen Worten wegen der zahllosen Missgeschicke, die dem Heimwerkerkönig unterliefen, nun Sorgen um seine körperliche Unversehrtheit macht, darf sich beruhigt zurücklehnen. Denn unabhängig davon, ob die zu verarbeitende Dichtmasse aus Silikon oder Acryl besteht, werden keine umlaufenden Maschinen, sondern nur folgendes Werkzeug benötigt:

FISCHER 58000 FIS AM KARTUSCHENPRESSE

Nachdem diese zusammengetragen wurden, ist zunächst darauf zu achten, dass die zu verfugende Stelle von sämtlichen Rückständen der alten Dichtmasse zu befreien ist, welche sich mit dem Messer oder einem kleinen Schraubenzieher zumeist leicht ablösen lässt. Sollte zu diesem Zeitpunkt noch Unklarheit darüber bestehen, mit welchem Baustoff die Fuge wieder aufzufüllen ist, kann sie leicht ausgeräumt werden: So handelt es sich bei getrocknetem Silikon um ein recht elastisches, gummiähnliches Material, während Acryl deutlich porösere Eigenschaften aufweist und beim Entfernen schnell zerbröselt. Im Anschluss ist die Kartusche mit der Spritze zu versehen und in die Vorrichtung einzusetzen, woraufhin mit dem Messer eine kleine Öffnung in die Spritze zu ritzen ist, damit der Baustoff auch austreten kann. Nun sollte die Fuge möglichst gleichmäßig mit Dichtmasse befüllt werden, wofür schon etwas Fingerspitzengefühl vonnöten ist. An dieser Stelle kommt der Silikonglätter (ein simples Holzstäbchen, weshalb viele Heimwerker stattdessen auch ein Eis am Stiel verwenden) ins Spiel, mit dem überschüssiger Baustoff leicht abzuschaben ist.

FUGENSTAR FUGENGLÄTTERSATZ 4TLG

In dem Zusammenhang ist darauf zu achten, dass silikonhaltige Baustoffe im flüssigen Zustand sehr klebrige Eigenschaften aufweisen, weshalb sie vor dem Glätten mit einem Trennmittel für Dichtmasse zu besprühen sind. Bei Acryl gilt es wiederum zu berücksichtigen, dass während des Aushärtungsprozesses etwas Wasser verdunstet, was einen gewissen Volumenschwund und unter Umständen Nachbesserungen zur Folge hat.

Fazit: Mit Dichtstoffen aus Acryl und Silikon sind Heimwerker für alle Eventualitäten gerüstet

Um den Gedankengang aus dem ersten Kapitel abzuschließen, bleibt nach Durchsicht aller Informationen festzuhalten, dass sich die Baustoffe hinsichtlich der Verarbeitung und Aufgabenstellung kaum unterscheiden. Dass dennoch beide zur Grundausstattung einer gut ausgerüsteten Privat-Werkstatt gehören, ist auf ihre verschiedenen Einsatzgebiete zurückzuführen: So kommt silikonhaltige Dichtmasse überwiegend in Feuchträumen, jene auf Acrylatbasis dagegen eher in Wohnräumen zum Einsatz. Dass die evolutionäre Entwicklung der Baustoffe und Kleber damit aber noch lange nicht abgeschlossen ist, zeigt ein Blick auf die Fortschritte, die der Fischer GmbH in den letzten Jahren auf diesem Gebiet gelungen sind. Demnach könnten deutsche Eigenheimbesitzer in der Adventszeit 2019 vielleicht schon völlig neuartige Baustoffe zum Abdichten zur Verfügung stehen.