Inhaltsverzeichnis
« Welche Techniken sind im Zuge der Energiewende relevant? »
Seit dem Beginn des Jahrhunderts dominiert das Streben nach Klimaneutralität und Energieeffizienz die Gedankenspiele der europäischen Spitzenpolitik. In Wohngebäuden sollen kombinierte Heizsysteme die Hauptlast der Energiewende tragen. Wie ist der aktuelle Stand der Entwicklungen?
Die klassische Heizungsanlage mutiert zum Auslaufmodell
Zunächst einmal gilt es festzuhalten, dass Brüssel mit der Konzentration auf CO2-Einsparung das Primärziel der Energieversorgung neu definiert hat. In der Vergangenheit lag der Fokus darauf, der Heizung möglichst viel Wärme zuzuführen. Hieraus resultierte die Anwendung fossiler Brennstoffe: In ihnen ist reichlich Energie gebunden, die sich fast verlustfrei in Wärme konvertieren lässt. So operieren herkömmliche Gas- und Ölkessel mit einem Wirkungsgrad um die 90 % sehr energieeffizient. Zur Mitte des Jahrhunderts sollen sie in der Wärmeerzeugung nur noch am Rande in Erscheinung treten. Erneuerbare Energien wie Solaranlagen und Wärmepumpen übernehmen dann diese Aufgabe.
Das Problem dabei ist, dass keines jener Systeme genügend Energie generieren kann, um Wohnräume als Einzelanlage zu erwärmen. Daher sind sie nach dem heutigen Stand der Technik noch mit herkömmlichen Heizungen zu kombinieren, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Den regenerativen Energiequellen wird dabei prinzipiell Priorität eingeräumt. Das heißt, dass Solarthermie und Co. während der gemäßigten Jahreszeiten den Warmwasserbedarf ohne Hilfsmittel gewährleisten. Das klassische Heizsystem wird dann nur im Winter zugeschaltet, wenn die Außentemperaturen unter den Gefrierpunkt absinken. Ein durchschnittliches Einfamilienhaus spart sich durch den Einbau einer Solaranlage etwa 20 Prozent der jährlichen Energiekosten. Der Effekt lässt sich erheblich erhöhen, wenn sie mit weiteren regenerativen Energiequellen oder sparsamen Fußbodenheizungen kombiniert wird.
Wann lohnt sich der Umstieg?
Die Konkurrenztechnik verspricht noch höhere Effizienz, muss aber differenziert betrachtet werden: Wärmepumpen absorbieren Energie aus der Umwelt und führten sie dem Haushalt zu. Dies kann über die Umgebungsluft oder Gewässer geschehen. Das Einsparpotential bleibt im Regelfall aber begrenzt, selbst wenn die Wärmepumpe mit einem klassischen Heizsystem kombiniert wird. In sogenannten Niedrigstenergiehäusern sieht es schon besser aus. Dort kommt eine speziell ausgeführte Wärmedämmung zum Einsatz, die den Energiebedarf dauerhaft minimiert. Für die Umrüstung in Bestandsbauten hat sich daher die Erd-Wärmepumpe als bevorzugte Komponente etabliert. Sie greift auf die Temperaturen in 30-80 Meter Tiefe zu, wo ganzjährig 12 °C herrschen. Die Bauweise zeichnet sich durch sehr hohe Wirkungsgrade aus und reduziert den Energiebedarf im Idealfall um 75 Prozent.
Nun stellt sich die Frage, warum in Deutschland dann noch nicht flächendeckend mit diesen Methoden geheizt wird. Hierfür muss die Kosten-Nutzen-Situation berücksichtigt werden: Es müssen in der häuslichen Umgebung gewisse Grundvoraussetzungen (jährliche Sonneneinstrahlung, Bodenbeschaffenheit etc.) gegeben sein, damit kombinierte Heizsysteme rentabel werden. Sie verschlingen zudem in der Anschaffung erheblich höhere Gelder als ihre herkömmlichen Verwandten. Staatliche Förderungen mögen den Effekt dämpfen, können aber nicht verhindern, dass sich die Investition in kombinierte Heizsysteme erst nach 10-12 Jahren amortisiert. Daher ist die Nachrüstung in Eigenheimen nur dann zu empfehlen, wenn man die Immobilie noch mindestens 20 Jahre lang nutzen möchte. Bei Neubauten lohnt es sich schon aufgrund des höheren Wiederverkaufswerts, mehrere Heizungen zu kombinieren. Dort ist es inzwischen ohnehin gesetzlich vorgeschrieben, erneuerbare Energien in die Wärmeerzeugung einzubinden.
Brückentechnologien der Energiewende
Die Planspiele des Energieministeriums sehen vor, dass der Anteil der regenerativen Wärmequellen progressiv voranschreitet und mittelfristig den dominanten Part der Heizungsanlage darstellt. Dennoch ist es nicht ratsam, bereits heute auf konventionelle Techniken zu verzichten. So ist zum Beispiel die langfristige Speicherung der Energie erst suboptimal umgesetzt worden. Den Ingenieuren stellt sich dabei folgendes Problem: Wohnräume müssen wie bisher unmittelbar aufgeheizt werden können. Herkömmliche Brennkessel operieren demzufolge im Intervall-Betrieb und werden nur bei Bedarf aktiviert. Regenerative Wärmeenergie ist hingegen nicht auf Abruf verfügbar, muss also auf Vorrat produziert werden. Das wird zurzeit mittels unterirdischer Wassertanks realisiert, die als Pufferspeicher fungieren. Die dabei auftretenden Wärmeverluste sind noch zu umfangreich, um die Heizungsanlage ausschließlich mit erneuerbaren Energien zu betreiben. Machbarkeitsstudien loten gegenwärtig aus, ob zentrale Speichersysteme ganze Siedlungen versorgen können.
Parallel dazu wird die Weiterentwicklung der Kraft-Wärme-Kopplungs-Technik (KWK) vorangetrieben. Sie besteht im Wesentlichen aus einem Generator, dessen Abwärme der Heizung zugeführt wird. Der Antrieb erfolgt über integrierte Brennstoffzellen, die zurzeit noch Methan nutzen. Solche Mini-Kraftwerke zeichnen sich durch einen sehr hohen Wirkungsgrad (über 95 %) aus und waren ursprünglich für industrielle Zwecke entworfen worden. Nun liefern sie auch einen Beitrag, um den Energieverbrauch in Wohnhäusern um bis 50 Prozent zu reduzieren. Sie haben den Vorteil, dass sie sich besonders leicht in ein bestehendes Heizsystem einbinden lassen. Überschüssige Energie kann ins öffentliche Netz eingespeist werden und senkt die Betriebskosten beträchtlich. Der Effekt lässt sich noch steigern, wenn man die Heizung mit einer Wärmepumpe oder Solaranlage kombiniert.
Kombinierte Heizsysteme der Zukunft
Die Energiewende soll im Jahre 2050 abgeschlossen werden. Öl und Gas dürfen zu diesem Zeitpunkt nicht mehr als marginale Bedeutung für die Wärmeerzeugung beanspruchen. Das Energieministerium hat zwei Modelle entworfen, mit denen sich die Zielvorgaben einhalten lassen. Nummer eins sieht vor, dass hocheffiziente Wärmepumpen elektrische Speichersysteme nutzen, um die Heizung ganzjährig zu speisen. Zur Deckung des Strombedarfs müssen sie mit einer Solaranlage kombiniert werden. Zur Realisierung des Modells bedarf es freilich noch einiger Technologiesprünge.
Im Alternativszenario hat man daher jene Komponenten mit Hybridheizungen kombinieren lassen. Das Solar/Pumpen-System stellt dort knapp 60 Prozent des Wärmebedarfs bereit, während der Rest von KWK-Techniken produziert wird. Oder auch durch die Verbrennung von Biomasse. Damit ist Brennholz oder industriell hergestellte Pellets gemeint, die in geschlossenen Kesseln verfeuert werden. Kombinierte Heizsysteme werden bereits heute damit betrieben, weil sie im Vergleich zum klassischen Kamin erhebliche energetische Verbesserungen erfahren haben. Das Verfahren ist nicht unumstritten, da es zwangsläufig CO2 freisetzt. Allerdings nur so viel, wie es der Waldbestand zuvor aus der Atmosphäre gefiltert hat. Die Holzheizung gilt damit als klimaneutrales Modell. Deutschland verfügt zudem über die größten Waldflächen Europas, sodass die Materialien nicht importiert werden müssen. Das ist ein weiterer Vorteil der KWK-Technik gegenüber, die mittelfristig mit Wasserstoff angetrieben werden soll. Diesen müsste man dann wiederum aus ausländischen Quellen beziehen.
Mangelnde Innovationsbereitschaft in Mietshäusern
Den Berliner Zielvorstellungen zum Trotz, lässt der Ist-Zustand noch deutlich zu wünschen übrig: Erdgas war 2019 die dominante Wärmequelle und wurde in jedem zweiten Wohnhaus genutzt. Die Anlagen sind im Schnitt seit 20 Jahren im Einsatz und agieren fast immer als Einzelsystem. Besonders in den jüngeren Jahrgängen der Verbraucher besteht dennoch ein gesteigertes Interesse daran, auf kombinierte Heizsysteme umzusteigen. Beobachter machen die mangelnde Dynamik auf dem Heizungsmarkt an fehlenden Anreizen fest: Staatliche Förderungen werden zum Teil an unrealistische Vorgaben gekoppelt, Gas- und Ölanschlüsse sind massenhaft vorhanden. Fernwärmeleitungen sind hingegen vor allem auf dem Land noch Mangelware, obwohl sie Engpässe in der Umstellungsphase beheben sollen.
Es besteht außerdem eine Differenz zwischen Ein- und Mehrfamilienhäusern. So ist die Modernisierungsaktivität in Eigenheimen um 50 % höher. Fast 40 Prozent der Mieter haben in den vergangenen 20 Jahren überhaupt keine energetische Modernisierung erlebt. Für die Politik bleibt somit noch einiges zu tun, um den Energiewandel erfolgreich abzuschließen.