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« Mit dem GEG konkretisiert Berlin Klimaziele »
Am 1. November 2020 trat das Gebäudeenergiegesetz (GEG) in Kraft. Es löst unter anderem die EnEV ab und definiert damit die Anforderungen für Wohngebäude und gewerblich genutzte Immobilien. Was bedeutet das konkret für Eigenheimbesitzer?
Das Wichtigste in Kürze
- Das Gebäudeenergiegesetz vereinheitlicht energetische Mindeststandards für Neu- und Altbauten. Es enthält Vorgaben für Dämmungsmaßnahmen, den Hitzeschutz und schafft Rechtssicherheit für umweltfreundliches Heizen.
- Bei der Modernisierung der Klima- bzw. Heizungsanlage müssen nun erneuerbare Energien eingebunden oder die Gebäudedämmung angepasst werden.
- Die Anforderungen für Neubau-Projekte sind im Vergleich zur vormals geltenden EnEV etwas niedriger.
- Die Pflichten bei der Nachrüstung/Sanierung von Bestandsgebäuden wurden deutlich verschärft.
Was steht im Gebäudeenergiegesetz?
Seit den frühen 90ern fungiert der Klimaschutz als Kernelement in der Langzeitstrategie der EU. Berlin setzte die Vorgaben um die Jahrtausendwende mithilfe des Energie-Einsparungs- (EnEG) sowie des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes (EEWärmeG) in nationales Recht um. Das EnEG befasste sich mit dem Energiebedarf in Wohngebäuden und nutzte die EnEV, um den Klimaschutz auf regionaler Ebene bedarfsgerecht umzusetzen. Für öffentliche und gewerblich genutzte Gebäude galt indessen das EEWärmeG.
Die Vorschriften widersprachen sich teilweise und verzögerten die Fertigstellung einiger immens wichtiger Infrastruktur-Projekte. Das Gebäudeenergiegesetz beseitigt den Flickenteppich und passt einige Kriterien an. Seit dem 1. November 2020 gilt es für alle Gebäude, die beheizt und/oder klimatisiert werden. Die Vorgaben der GEG beziehen sich überwiegend auf die Heizungsanlage und Wärmeisolation der Objekte.
Um den Energiebedarf des Hauses zu ermitteln, werden – neben der Heizung – nun auch zentrale Lüftungsanlagen und die Warmwassererzeugung mit einbezogen. Das Gleiche gilt für den dabei anfallenden Stromverbrauch. Darüber hinaus ist die Vermeidung von Wärmebrücken verstärkt in den Fokus gerückt.
Hierbei handelt es sich um Abschnitte der Außenwände, die aus baulichen Gründen nicht gut gedämmt werden können. Völlig neu ist hingegen der Umstand, dass Hausbesitzer nun auch den Umfang ihrer Hitzeschutzmaßnahmen vom Bauamt genehmigen lassen müssen. Dieser Part floss über das EEWärmeG in die GEG mit ein, betrifft Modernisierungen bestehender Klimaanlagen und deren Einfluss auf den Energiebedarf.
Primärenergie und Treibhausgase im Neubau
Die meisten Abschnitte des Gesetzes beziehen sich auf die Errichtung neuer Wohngebäude. Sie zielen aufs umweltfreundliche Heizen ab und sehen die Begrenzung des Verbrauchs vor. Hierfür wird in der Regel der primäre Energiebedarf ermittelt, welcher – in Relation zur Wohnfläche – einen konkreten Grenzwert nicht überschreiten darf.
Zu diesem Zweck wird jedem Verbraucher im Haus ein spezifischer Energiefaktor zugeordnet: Heizen mit Holz oder Pellets schneidet günstig ab, Gas findet sich im Mittelfeld wieder, während mit Strom betriebene Anlagen dem Klimaschutz erheblich entgegenwirken. Die Einstufung von Fernwärme ist standortabhängig, kann sich günstig aber auch belastend auf den primären Energiebedarf auswirken. Es fließen zudem sämtliche Prozesse in die Berechnung mit ein, die im Zuge der Energieerzeugung erfolgen.
Hierzu zählen u.a. der Rohstoffabbau, Transport und Wirkungsgrad des Kraftwerks. Aus diesen Informationen wird dann ermittelt, in welchem Umfang der durchschnittliche Energiebedarf aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden muss, damit der Bau den Gebäudeenergiegesetz-Bestimmungen entspricht.
CO2-Emmision als Berechnungsgrundlage
Alternativ dazu bietet das Gebäudeenergiegesetz die Option, die Gesamtmenge der zu erwartenden CO2-Emmisionen als Berechnungsgrundlage zu nutzen. Auch hier werden den Energiequellen Faktoren zuerkannt, die sich jedoch von denen unterscheiden, die beim Primärenergie-Verfahren zur Anwendung gelangen. Dämmvorschriften werden hier niedriger angesetzt, die anteilige Versorgung durch erneuerbare Energien ist auch nicht notwendig. Es geht bei dieser Methode letztlich darum, dem Klimaschutz durch einen möglichst niedrigen Energiebedarf Rechnung zu tragen. Sie kommt daher überwiegend dann zum Tragen, wenn der Bauherr den Niedrigenergiehaus-Standard gewählt hat.
Diese Bauweise hat den Vorteil, dass sie zur Beantragung von Fördergeldern der KfW berechtigt. Sie hat aber noch immer keine bundesweite Definition erfahren. Als Faustformel hat sich folgende etabliert: Ein Niedrigenergiehaus darf maximal 70 Prozent des Energiebedarfs aufweisen, der dem Gebäudeenergiegesetz nach zulässig ist.
Wer sich für die CO2-Emmissionen als Berechnungsgrundlage entscheidet, muss das Verfahren beim zuständigen Bauamt beantragen.
Dazu erhält man die Auflage, die Behörde 12 Monate nach dem Bauabschluss darüber zu informieren, in welchem Umfang der tatsächliche Energiebedarf den Kalkulationen entspricht. Wenn er sie überschreitet, muss nachgebessert werden.
Pflichten bei Sanierungen
- Für bestehende Bauten hält das Gebäudeenergiegesetz weitere Fallstricke parat. Das betrifft zunächst Bestimmungen, die das Nachrüsten der Heizungsanlage beim Hauskauf vorsehen. Folgende Standards sind dann nach einer Frist von 2 Jahren verpflichtend einzuhalten:
- Öl- und Gaskessel mit einem Energieverbrauch zwischen 4 und 400 Kilowatt müssen ersetzt werden, wenn ihre Laufleistung 30 Jahre überschreitet. Mit Brennwert- und Niedertemperaturkesseln darf man hingegen weiter heizen. Kleiner Tipp: Das umweltfreundliche Heizen wird von staatlicher Seite mit Fördermitteln bedacht. Der Anspruch erlischt, sobald es gesetzlich vorgeschrieben ist. Daher sollte das 30-Jahre-Limit nicht bis zum letzten Tage ausgereizt werden.
- In unbeheizten Räumen sind die Heizungs- und Wasserrohre zu dämmen.
- Der Übergang vom Dachstuhl zu den Wohnräumen muss mit einer Wärmedämmung von mindestens 4 Zentimetern Breite versehen werden. Alternativ dazu, kann man auch das gesamte Dach dämmen, was allerdings mit Mehrkosten verbunden ist.
- Auch bei Sanierungsarbeiten an den Fassadenelementen muss das Gebäudeenergiegesetz berücksichtigt werden. Hiervon sind die Wände, Fenster und das Dach betroffen. Die neuen Bauteile dürfen einen gewissen Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert) nicht unterschreiten. Er orientiert sich an Durchschnittswerten und gibt an, um wie viel Prozent sie gesteigert werden müssen. So ist z.B. die Dämmwirkung an Außenwänden und im Dach um 24 Prozent zu erhöhen. Kellerräume (30-50 %) und Fensterfronten (110-140 %) müssen darüber hinausreichende Standards einhalten, um den Klimaschutz zu gewährleisten.
- Bei umfassenden Modernisierungen greift ein spezieller Abschnitt: Das Gebäudeenergiegesetz verlangt dann – wie beim Neubau – die energetische Gesamtbilanzierung des Hauses. Unabhängig davon, ob der Energieverbrauch direkt ermittelt oder per Treibhausgasverfahren berechnet wird, darf das Gebäude den Grenzwert vergleichbarer Neubauten allerdings um 85 Prozent überschreiten.
Etappenziele der Klimapolitik
Bei alledem drängt sich die Frage auf, warum Hausbesitzer so intensiv in den Klimaschutz eingebunden werden. Kann deren Anteil denn überhaupt einen Unterschied bewirken? Das kann er in der Tat: Der bundesweite Energiebedarf entfällt zu 35 Prozent auf Wohngebäude. Das entspricht jährlichen Emissionen von 120 Mio. Tonnen Kohlenstoffdioxid.
Beim Pariser Abkommen von 2015 verpflichteten sich 195 teilnehmende Staaten, ihre Treibhausgas-Emissionen radikal zu reduzieren. Die Klimaziele dienen dem Zweck, den Anstieg der weltweiten Durchschnittstemperatur bis zum Ende des Jahrhunderts auf 1,5 °C zu beschränken. Die Bundesregierung folgt hierbei einem 3-Stufen-Plan, der soeben in die zweite Phase eintrat.
Entgegen aller Prognosen wurden die Klimaziele für 2020 doch noch erreicht, welche vorsahen, den Ausstoß der Treibhausgase im Vergleich zu 1990 um 20 Prozent zu senken. Bis 2030 werden 40 % angestrebt. Im Endeffekt (2050) sind sogar 95 Prozent Einsparung geplant.
Dazu bedarf es erheblicher Anpassungen des Straßenverkehrs in Richtung Elektromobilität und alternativer Brennstoffe. Die Wasserstoff-Strategie übernimmt daher eine Schlüsselrolle der Berliner Klimapolitik und wird unseren Verkehrsalltag zukünftig dominieren. In der Zwischenzeit liegt der Fokus darauf, den Energiebedarf von Industrieanlagen und Wohngebäuden zu minimieren. Verantwortungsvolles Heizen und Klimaschutz gehen somit Hand in Hand und sind keinesfalls entbehrlich, wenn wir die Erde für unsere Nachkommen bewahren wollen.