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« Wie die Kollektoren zur effizienten Nutzung platziert werden »
Alle vom Menschen erschaffenen Versorgungssysteme streben nach optimaler Energieausbeute. Selbst umweltfreundliche Technologien, wie Photovoltaik- oder Solarthermieanlage, nehmen da keine Sonderrolle ein. Doch ist es ausgerechnet hier unmöglich, den Energieträger direkt zu beeinflussen. Daher bleibt die Ausrichtung der Solaranlage bzw. genauer gesagt, deren Kollektoren als Lösung. Doch was ist dabei zu beachten?
Sonnige Aussichten
Bei der Ausrichtung einer modernen Solaranlage orientiert man sich an solaren Begebenheiten, die der landläufigen Definition von Sonnenschein zuwiderlaufen. So rechnen Energietechniker in der Tat mit drei verschiedenen Strahlungswerten:
- direkte Strahlung: Sonnenstrahlen, die ungehindert auf die Erde treffen
- diffuse Strahlung: Indirektes Sonnenlicht, das von Wolken verdeckt wird oder von reflektierenden Flächen stammt
- Globalstrahlung: Die Energiemenge, die sich aus der Summe der beiden vorangegangenen Werte ergibt. In Deutschland erzielt sie im Jahresdurchschnitt 1050 Kilowatt Leistung pro Quadratmeter (kWh/qm2a)
Die Globalstrahlung setzt sich hierzulande in einem sehr ausgeglichenen Verhältnis aus direkter und diffuser Strahlung zusammen, wenngleich die Anzahl der Sonnenstunden nach Süden hin ansteigt. Die Menschen in Bayern und Baden-Württemberg dürfen daher mit 1.200 kWh/qm2a kalkulieren, während in den Küstenregionen nur 950 kWh/qm2a zur Verfügung stehen. Dieses Wissen bildet dann auch die Grundlage für die Ausrichtung der Solaranlage.
Solaranlage ausrichten und optimal nutzen
Mit der Eingangsgröße vertraut, müssen wir uns dem „Empfangsgerät“ widmen: Ein Solarmodul besteht aus einer Vielzahl winziger Schaltkreise, die von Halbleiterelementen (Silizium) durchzogen sind. Wird dem System externe Energie zugeführt (etwa durch den Photonenbeschuss, der mit Sonneneinstrahlung einhergeht), schließt sich der Stromkreis. Um den Maximalertrag zu erzielen, gilt es, möglichst viel direkte Strahlung einzufangen, im Idealfall im 90°-Winkel (Mittagssonne).
Da unser Zentralgestirn um die Mittagszeit über dem Äquator steht, eignen sich Dachflächen mit Südlage am besten für die Montage und Ausrichtung der Kollektoren einer Solaranlage. Jenseits davon müssen Einbußen in Kauf genommen werden: Südwesten bzw. Südosten sind mit 95 % des Maximalertrags noch akzeptabel. Dächer mit exakter Ost-West-Ausrichtung werden in der Regel beidseitig mit Solarmodulen belegt, weil hier nur 75 Prozent der Strahlung eingefangen wird. Auf der Nordseite ist der Ertrag so niedrig, dass sich die Anlage nicht mehr rentiert.
Nun ist die Mittagssonne leider kein Dauerzustand. Findige Ingenieure haben dies als Herausforderung aufgefasst und entwickelten zum Teil mehrachsige Nachführsysteme, mit deren Hilfe sich die Solaranlage computergesteuert in Richtung Sonne dreht. Mit der Methode lässt sich der Energieertrag um 30 % steigern. Aufgrund der immensen Investitionskosten kommt sie aber fast ausschließlich bei gewerblich genutzten Anlagen zum Tragen.
Natürlich hat auch die Dachneigung einen Einfluss auf die Ausrichtung der Solarkollektoren: Eine Fläche im 35°-Winkel bietet die beste Ausgangsgrundlage für die Montage. In der Praxis gilt aber die gesamte Bandbreite von 15° – 55° als günstig, weil dabei maximal 5 % an Energieeinbußen zu verzeichnen sind. Damit eignet sich der Löwenanteil der in Deutschland dominierenden Satteldächer für die optimale Ausrichtung der Kollektoren. Die Nutzung auf Flachdächern oder Montage im 90°-Winkel (an den Außenwänden) sind nur zu bei perfekter Südlage zu empfehlen.
Die direkte Umgebung markiert den letzten Standortfaktoren: Stehen hier Hochhäuser oder große Bäume in der Nachbarschaft? Wenn ein Teil der Dachfläche ganztägig im Schatten liegt, muss die Ausrichtung der Solaranlage angepasst werden. Ob die Montage dann finanziell noch Sinn ergibt, wird das beauftragte Ingenieursbüro mithilfe einer gründlichen Schattenanalyse in Erfahrung bringen können.
Solarthermieanlage – Kühl- und Heizsystem in Einem
Thermische Solarkollektoren nutzen zwar dieselbe Energiequelle wie PV-Module, verarbeiten sie aber anders: Flachkollektoren beherbergen Aluminium- oder Kupferrohre, die mit absorbierenden Materialien beschichtet sind. Wenn Sonnenlicht darauf trifft, wird die gewonnene Wärme an die im Heizkreis zirkulierende Solarflüssigkeit übertragen.
Vakuum-Röhren-Kollektoren nutzen den Raum zwischen einem äußeren und inneren Glasröhrchen zur Isolation und erzielen damit einen höheren Wirkungsgrad als Flach-Kollektoren. Daher lohnt sich ihre Montage auch an solchen Standorten, die eher suboptimale Grundvoraussetzungen bieten.
Dass die Solarthermieanlage neben der Heizung auch noch die Klimaanlage unterstützen kann, ist hierzulande noch relativ unbekannt. Tatsächlich wandeln herkömmliche Klimageräte elektrischen Strom in Wärme um, um dann Kühlmittel damit zu komprimieren. Solar betriebene Sorptionsanlagen umgehen den „Zwischenhändler“ und nutzen die in den Sonnenkollektoren gewonnene Wärme.
Ob sie nun als Kühl- oder Heizsystem zum Einsatz kommen soll – die Ausrichtung der Solaranlage ist dieselbe: 100 % Leistung können nur in Südlage erzielt werden. Südwest und Südost sind mit 5 % Einbußen verbunden, während die Ost-West-Achse 80 % des Maximalertrags liefert. Die Verlustrate ist im Vergleich zu PV-Modulen geringer, weil in diffuser Strahlung noch sehr viel Wärmeenergie gebunden ist.
Die perfekte Dachneigung ist von der Bauart der verwendeten Kollektoren abhängig: Flache Exemplare liefern bei 35° (Sommer) und 60° (Winter) die besten Ergebnisse. Nach oben und unten ergibt sich erfreulich viel Spielraum. So kann man im Sommer auch noch mit einer 10°-Neigung arbeiten, während in der dunklen Jahreszeit sogar die 90°-Ausrichtung an der Hausfassade praktikabel daherkommt.
Vakuum-Röhren-Kollektoren fühlen sich auf einer 60°-Schräge am wohlsten. Aufgrund ihres hohen Wirkungsgrades erzielen sie auch auf Flachdächern einen positiven Kosten-Nutzen-Effekt. Am häufigsten kommen sie aber zum Einsatz, wenn das Dach infolge von Verschattung nur teilweise belegt werden kann.
Kreativer Einsatz von Solarkollektoren und Photovoltaik
So mancher Eigenheimbesitzer scheut sich, die optische Harmonie des Hauses durch die Ausrichtung der Solaranlage zu beeinträchtigen. Sogenannte Indach-Module sollen auch dieses Kundenpotential erschließen: Die Kombination aus Dachpfanne und Stromerzeuger bringt durchschnittlich 10 Kilo pro Segment auf die Waage. Sie wird direkt auf den Traglatten montiert und ersetzt damit die alten Dachziegel.
Vor allem in Südlage haben sich zudem Installationen an Balkonbrüstungen bewährt. Wenn sich die Ausrichtung der Solaranlage per Nachführsystem um 90° verändern lässt, sind Spitzenerträge bis zu 1.000 Watt möglich.
Solarthermie und Photovoltaik bedürfen fast derselben Ausrichtung und nehmen auf dem Dach denselben Raum ein. Sie werden daher nicht ganz zu Unrecht als Konkurrenten wahrgenommen. Hybride PVT-Module sind jetzt der Versuch, die eierlegende Wollmilchsau der Solartechnik zu kreieren: Klassische Solarmodule sollen die Heizung mit ihrer Abwärme speisen. Das Projekt befindet sich im fortgeschrittenen Forschungsstadium. So konnte die federführende Züricher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) bereits erste Kommunen als Partner für ihre seit 2015 auf der Versuchsanlage in Wädenswil erprobte Technik gewinnen.
Relativ neu auf dem Markt sind flexible Module. Ihr Einsatzgebiet beschränkt sich noch weitgehend auf Wohnmobile, Jalousien und Jachten. In naher Zukunft sollen auch Betonflächen damit versiegelt werden. Langfristig sind sogar Rucksäcke und Handtaschen inklusive integrierter Speichertechnik als Trägermedium vorgesehen.
Kommt die Solarpflicht für Neubauten?
Unter Umständen wird der schwelende Wettkampf zwischen Solarthermie und Photovoltaik auf politischer Ebene schon bald massiv angeheizt werden. Und zwar dann, wenn das Klimaschutz-Sofortprogramm-2022 im Baurecht verankert wird. Es sieht unter anderem vor, dass bei Neubauten und umfangreichen Sanierungen Komponenten auf dem Dach angebracht werden müssen, die Solarenergie generieren. Von diesem flächendeckenden Einsatz der Solaranlagen wir noch weit entfernt. Schließlich handelt es sich zurzeit um nicht mehr als ein Strategiepapier der Regierung. Aufmerksamen Beobachtern wird jedoch auch nicht entgangen sein, dass Brüssel die EU-Mitgliedsstaaten anwies, Klimaneutralität bereits 2045 (statt 2050) zu erreichen. Berlin musste darauf reagieren und versucht nun, ungenutzte Potentiale mit der Brechstange zu aktivieren. Die angepeilte Photovoltaik-Quote ist in der Tat regelmäßig verfehlt worden – auch, weil die Zugangsvoraussetzungen zu Fördermitteln und das bauamtliche Zulassungsverfahren in den Kompetenzbereich der Länder fallen. Der daraus resultierende Flickenteppich wird früher oder später einer bundesweiten Regelung weichen müssen.
Dass thermische Anlagen ein Bestandteil der Solarpflicht werden, ist hingegen recht unwahrscheinlich: Nach dem Abschluss der Energiewende soll ihr Wirken im privaten Sektor auf die Warmwasserbereitung beschränkt werden. Eventuell gesellt sich noch die Gebäudekühlung dazu, was allerdings von den Fortschritten bei der Effizienz von Wärmepumpen abhängt.