Der in Deutschland seit Jahren herrschende Wohnraumangel zwingt Mietinteressenten und auch Eigenheimbesitzer zu kreativen Lösungsansätzen. Freie Bauflächen sind rar gesät, also wandert der Blick nach oben – oft in Richtung Dachboden. Wie bei jedem Bauprojekt gilt es dabei einiges zu beachten…
Inhaltsverzeichnis
Der lange Arm der Regionalverwaltung
Zunächst steht der Gang zum Bauamt auf der To-Do-Liste. Schließlich geht mit dem Dachbodenausbau eine Nutzungsänderung einher, die in den meisten Bundesländern der behördlichen Genehmigung bedarf. Gleiches ist für alle Modifikationen an der äußeren Gebäudestruktur vorgeschrieben, wenn also z.B. Gauben geplant sind oder die Dachneigung angepasst werden soll. Die jeweilige Landesbauordnung lässt sich online abrufen und dient der ersten Orientierung. Zusätzlich müssen aber noch regionale Bestimmungen berücksichtigt werden, wenn etwa das Stadtbild ausschließlich durch eine konkrete Bauweise geprägt werden soll.
Die Behörde benötigt in jedem Fall die Baupläne des beauftragten Fachbetriebs und startet dann das Prüfverfahren, welches mehrere Monate in Anspruch nehmen kann. Die daraus resultierende Genehmigung erfolgt gebührenpflichtig (ungefähr 0,5 % der Baukosten) und ist zeitlich befristet. Sie kann aber nachträglich verlängert werden.
Raumplanung für die neue Dachbodenwohnung
Das Ausbauen der Inneneinrichtung unterliegt indessen sehr wenigen Einschränkungen. Man muss nur darauf achtgeben, dass die Statik des Gebäudes intakt bleibt. Sie kann unter Umständen durch zusätzliche Lasten beeinträchtigt werden, die beim Dachausbau zum Einsatz kommen.
Bevor die Details geklärt werden, steht aber zunächst die Frage im Raum, welchem Zweck der Dachboden zukünftig dienen soll: Wird hier der Nachwuchs Unterschlupf finden? Dann muss der Zugang am Treppenaufgang sturzsicher gestaltet werden. Fenster und Stromversorgung sind mit Kindersicherungen zu versehen, während Wärme- und Trittschall-Dämmung besonders gründlich aufgeführt werden müssen.
Oder soll hier ein dauerhaftes Home-Office eingerichtet werden? Der Dachbodenausbau wird sich dann auf maximale Lichtausbeute fokussieren. Hierfür stehen großflächige Panorama-Fenster zur Verfügung. Ihre Installation ist jedoch sehr umständlich und kostspielig, sodass vielerorts Gauben eingerichtet werden. Die waagerechten Dachvorsprünge erlauben den Einbau herkömmlicher Fenster und erhöhen den Anteil der Sonneneinstrahlung immens.
Natürlich kann man auch eine komplette Dachbodenwohnung ins Auge fassen. In diesem Fall muss neben dem Stromanschluss auch die Wasser- und Gasversorgung gewährleistet sein. Innenarchitektonisch empfiehlt sich die Einrichtung einer großen Wohnküche. So entgeht man dem Risiko, dass die Dachbodenwohnung durch zahlreiche Zwischenwände optisch fragmentiert wird. Das Bad muss aber grundsätzlich vom restlichen Wohnbereich abgetrennt werden. Es ist zudem eine abschließbare Wohnungstür anzubringen. Dafür muss man den Treppenaufgang eventuell versetzen oder ausbauen.
Dachausbau für Fortgeschrittene
Wenn im Obergeschoss genügend Raum zur Verfügung steht, bieten sich selbstredend noch ganz andere Möglichkeiten: Entfernt man einen Teil der Decke, erhält man einen vertikalen Luftraum von bis zu vier Metern Höhe. So eine Galerie wertet vor allem Schlafzimmer mit beengtem Querschnitt auf – auf der unteren Ebene finden Schränke und dekorative Einrichtungselemente Platz, während man selbst im Bett über dem Geschehen thront.
Wer einen stark verwinkelten Dachboden ausbauen möchte, muss den verringerten Lichteinfall durch geschickt platzierte Leuchten ausgleichen. Hier ist eine Zwischendecke unter dem tragenden Querbalken anzubringen. Alternativ dazu können auch Fensterfronten installiert werden, die die gesamte Dachschräge abdecken.
Wenn die Dachneigung jenseits der 50-Grad-Marke liegt, lässt sich der Dachboden doppelgeschossig ausbauen. In diesem Falle müssen tragende Wände oder Säulen errichtet werden. Wer seine Dachbodenwohnung vermieten möchte, kann die Wohnfläche auf diese Art kostengünstig maximieren.
Dachboden oder Sauna?
Völlig unabhängig vom speziellen Verwendungszweck muss der Dachbodenausbau immer darauf ausgelegt werden, dass der Hitzeentwicklung im Sommer entgegengewirkt wird. Denn der hierzulande übliche Bautypus mit Giebeldach im 45-Grad-Winkel fußt noch auf dem Grundsatz, dass möglichst viel Wärme in den Gebäuden gespeichert werden muss. Dies war in der direkten Nachkriegsära unabdinglich. Doch ändern sich mit den Jahrzehnten auch die klimatischen Bedingungen: Die mitteleuropäischen Durchschnittstemperaturen steigen seit 1990 rasant an. Langanhaltende Hitzewellen gelten inzwischen als Standard und verwandeln Wohnräume unterm Dach in Trockensaunas.
Um den Effekt abzumildern, muss die Wärmeisolation besonders sorgfältig ausgeführt werden. Dann haben sich Rollläden als Sonnenschutz bewährt. Sie können jedoch nur an senkrecht angebrachten Fenstern installiert werden. Folglich muss man den Dachboden so ausbauen, dass zumindest jeweils eine Gaube pro Schräge integriert wird. Wo sich die Maßnahme baulich nicht realisieren lässt, sind doppeltverglaste Dachfenster das Mittel der Wahl. Sie besitzen eine mit Luft gefüllte Pufferzone, die Außenwelt und Innenräume hermetisch voneinander abschirmt. Moderne Klimaanlagen würden bessere Ergebnisse erzielen, benötigen jedoch gemauerte Außenwände für den sicheren Luftaustausch.
Etappenziele auf dem Weg zum Dachbodenausbau
Der Abschluss der Planungsphase sollte nicht übers Knie gebrochen werden. Erfahrene Bauherren holen hier prinzipiell mehrere Angebote bei konkurrierenden Handwerksbetrieben ein, um Preisgestaltung und Leistungskatalog miteinander zu vergleichen. Dann kann aber endlich der praktische Part starten. Er erfolgt idealerweise nach diesem Schema:
- Expertise einholen: Vor allem bei älteren Bestandsbauten muss der Dachstuhl im Vorfeld auf Schäden hin überprüft werden. So könnte er von Schimmelpilzen oder dem Holzwurm befallen sein. Die Konstruktion ist in solchen Fällen nicht mehr sturmfest und muss ohnehin ausgetauscht werden. Winzige Löcher in den Dachschindeln lassen Feuchtigkeit in die Dämmung sickern und konterkarieren alle Bemühungen. Diese und weitere Mängel können nur von Bausachverständigen einwandfrei identifiziert werden. Das ausgestellte Gutachten ist auch versicherungstechnisch relevant.
- Treppe nachrüsten: Im Dachboden sind zumeist nur Leiterkonstruktionen oder Raumspartreppen eingebaut. Sie widersprechen dem aktuellen Baurecht und müssen durch ein Exemplar mit einer Mindestbreite von 80 Zentimetern ersetzt werden. Wendeltreppen sind ebenfalls zulässig, erschweren aber den Möbeltransport.
- Fenster austauschen: Der Vorgang verläuft zumeist unkompliziert und ist innerhalb weniger Stunden abgeschlossen. Wenn man den Dachboden derart ausbauen möchte, dass Gauben oder große Glasfronten entstehen, muss aber eventuell die Sparrenlage angepasst werden.
- Dämmung einsetzen: Sie ist unumgänglich und erfüllt ein Kernelemente der Energieeinsparverordnung. Der Schritt lässt sich auch ohne handwerkliche Vorkenntnisse sehr gut in Eigenregie erledigen. Es muss nur ausreichend Material in die Zwischensparren geklemmt werden. Eine zusätzliche Folienschicht (Dampfsperre) ist nicht gesetzlich vorgeschrieben, erhöht die Wirkung der Dämmung aber erheblich, indem Feuchtigkeit ferngehalten wird.
- Energiezufuhr: Beim Dachbodenausbau muss zumindest der Stromanschluss realisiert werden. Alles andere ist bei Privatgebrauch optional. Wer sein Home-Office hier oben einrichten möchte, sollte aber die Signalstärke der WLAN-Verbindung im Auge behalten und ggf. physische Netzwerkkabel verlegen.
- Trockenausbau: Gipskartonplatten mit 10 cm Stärke sind für den Dachbodenausbau vollkommen ausreichend. Sie werden auf Metallprofilen aufgeschraubt, die wiederum an der Sparrenkonstruktion befestigt werden. Die einzelnen Elemente sind mit Spachtelmasse abzudichten und anschließend abzuschleifen.
- Boden erneuern: Der Dachbodenausbau endet irritierenderweise dort, wo andere Projekte starten. Wichtig ist, dass hier eine Trittschalldämpfung im Unterboden installiert wird, um die Geräuschkulisse zu minimieren. Weil das Holz im Dachstuhl fortwährend expandiert und kontrahiert, können Laminat-Elemente nicht verwendet werden. Der Boden wird daher mit Trockenestrich oder Zement realisiert.
Pfiffig: Dachbodenausbau mit staatlichen Mitteln finanzieren
Projekte dieser Größenordnung haben selbstredend ihren Preis. Beim Dachbodenausbau muss mit Kosten von 500 Euro pro Quadratmeter kalkuliert werden. Vater Staat unterstützt das Vorhaben aber mit zinsgünstigen Krediten und Investitionszuschüssen. Das KfW-Programm 430 ist maßgeblich für jenes Ansinnen und fördert Bauprojekte mit bis zu 48.000 Euro pro Wohneinheit. Für barrierefreie und altersgerechte Umbauten winken weitere Zuschüsse in Höhe von 6.250 Euro. Letzteres wird beim Dachbodenausbau nicht einfach umzusetzen sein, doch machen sich die Anstrengungen im Alter dann gleich doppelt bezahlt.