Blitze zählen zu den energiereichsten Phänomenen unseres Heimatplaneten: In Sekundenbruchteilen entladen sich Spannungsfelder von bis zu einer Milliarde Volt, wodurch die Luft auf 30.000°C aufgeheizt wird. Bei besonders starken Entladungen werden sogar Gammastrahlen und Antimaterie freigesetzt. Der häusliche Blitzschutz darf demnach unter keinen Umständen vernachlässigt werden.
Inhaltsverzeichnis
Alle Blitze kommen von oben
Er besteht aus mehreren Komponenten, die das Gefährdungspotential der Naturkräfte nur im Zusammenspiel neutralisieren können. Hierbei fällt als Erstes die Fangeinrichtung ins Auge: Sie ist auf dem höchsten Punkt des Gebäudes platziert und muss Spitzenwerte von 100 Kiloampere zur Erdung transportieren. Daher werden leitfähige Elemente wie Aluminium und Kupfer sowie feuerverzinkte Stahl-Legierungen bevorzugt in diesem Bereich eingesetzt. Von hier aus führt der eigentliche Blitzableiter die Energie an der Außenwand ins Untergeschoss ab. Die gesamte Konstruktion muss fest in der Gebäudestruktur verankert werden, wofür eine Vielzahl an Schellen zum Einsatz kommt. Das verwendete Blitzschutzmaterial ist möglichst homogen zu wählen, da die Werkstoffe miteinander reagieren können. So dürfen etwa an Kupferleitungen keine verzinkten Rohrschellen angebracht werden, weil sich dadurch das Korrosionsgeschehen verstärkt.
Unter unseren Füßen
Am anderen Ende der Blitzschutz-Anlage findet sich das Erdungssystem wieder. Die vom Blitzschutzmaterial kanalisierte Energie wird hier über eine möglichst große Fläche verteilt. Der Gesamtwiderstand sollte im Idealfall den Wert von 10 Ohm nicht überschreiten. Daher kommen auch an dieser Stelle Kupfer und verzinkter Stahl mit dem Mindestdurchmesser von 8 Millimetern zum Einsatz. Die im Bundesgebiet vorkommenden Bodenbeschaffenheiten weichen regional erheblich voneinander ab, sodass sich nicht nur eine Art der Erdung etabliert hat. In den meisten Fällen kommt eine der folgenden Installationen zum Tragen:
- Fundamenterder:
Es ist das finanziell günstigste Erdungssystem und Standard bei Neubauten. Das Erdungsmaterial besteht hierbei aus Kupfer oder verzinktem Stahl und wird noch während der Rohbauphase ringförmig im Fundament angeordnet. Dies geschieht mittels metallischer Klemmen, die die Erdung im Abstand von zwei Metern mit der Bewehrung verbinden. Um ausreichenden Korrosionsschutz zu gewährleisten, muss der Erder auf einer Breite von mindestens 5 Zentimetern von Beton umschlossen sein, welcher die elektronische Verbindung zum Erdreich herstellt.
- Ringerder
In Landstrichen mit oberflächennahem Grundwasserspiegel muss das Fundament wasserdicht und damit auch elektrisch isoliert ausgeführt werden. Daher ist das Erdungssystem separat davon zu realisieren. Die Ringstruktur wird also in der Tiefe von mindestens 80 Zentimetern (durchschnittliche Frosttiefe) und einem Abstand von einem Meter zum Fundament direkt im Erdreich verlegt. Als Erdungsmaterial kommt in der Regel Edelstahl (Mindestdurchmesser 1 cm) zum Einsatz. Alternativ dazu können auch Kupferseile verwendet werden, die jedoch wiederum nicht mit verzinkten Abzweigklemmen kombiniert werden dürfen.
- Tiefenerder:
Bei diesem Verfahren wird ein einzelner massiver Edelstahlstab bis zu 30 Meter tief im Boden verankert. Es eignet sich sehr gut für die Nachrüstung bestehender Bauten, weil keine Aushubarbeiten durchgeführt werden müssen. Die Erdung wird stattdessen per Vibrationshammer in Handarbeit in den Boden getrieben. Der Klemmverbindung zum oberirdischen Blitzschutz kommt in diesem Falle eine zentrale Bedeutung zu: Sie kann nur an der Eintrittsstelle erfolgen und muss mit besonderer Sorgfalt ausgeführt werden, um oberflächennahe Stromflüsse zu unterbinden. Neben der fachgerechten Montage zählt dazu auch die Isolierung der Nahtstelle mit Korrosionsschutz-Materialien.
Die goldene Mitte
In Bezug auf den Blitzschutz wäre ein Wohngebäude ideal, das den Ansprüchen eines faradayschen Käfigs genügt: Alle vier Außenwände und das Dach bestehen aus elektrisch leitenden Werkstoffen. So ein Metallhaus ist allerdings wenig lebenswert, weshalb mit dem Blitzschutzmaterial eine funktionelle Version davon geschaffen wird. Dies hat allerdings auch so seine Nachteile: Ein durchschnittlicher Blitz fließt mit der Stromstärke von 20 Kiloampere gen Erdung. Das ihn umgebende elektromagnetische Feld generiert indessen Sekundärpfade, die in die metallischen Bestandteile der Gebäudestruktur induziert werden können. Somit wird praktisch das gesamte Haus kurzfristig unter Strom gesetzt, was regelmäßig in Bränden und Explosionen mündet.
Dies zu unterbinden, zählt zu den Aufgaben des Hauptpotentialausgleiches. Er dient primär dazu, die Berührungsspannung an schadhaften Verbrauchern mit Metallgehäusen per Kurzschluss zu deaktivieren. Dazu führt eine PE-Leitung vom Hausanschluss zur Ausgleichsschiene und von dort zur zentralen Erdung. Die Regeln der VDE (Verband deutscher Elektrotechniker) schreiben vor, dass alle freiliegenden leitfähigen Teile der Gebäude daran anzuschließen sind, um den Blitzschutz im Inneren zu gewährleisten. Hierzu zählen unter anderem:
- Wasser- und Gasleitungen
- Zentralheizung und Klimasysteme
- Fenster- und Türrahmen
- Fernmeldekabel
- Wanne, Dusche und Waschbecken
- Fernsehantenne oder Satellitenschüssel
Wie dies geschieht, ist den Fachkräften weitgehend freigestellt. Es gilt lediglich die Anordnung, dass die potenziellen Gefahrenquellen elektrisch leitend miteinander zu verbinden sind. Hierfür können auch Rohre (Ausnahme: Gasleitungen) genutzt werden. Schwer erreichbare Stangen und Rohre werden für gewöhnlich durch flexible Bandschellen an die Erdung angeschlossen. An überstehenden Metallplatten kommen wiederum flache Klemmen zum Einsatz, von denen einzelne Adern zum Hauptpotentialausgleich führen.
Die Spannung steigt: Innerer Blitzschutz
Als abschließende Sicherheitsvorkehrung fehlt noch der Überspannungsschutz oder auch Surge Protective Device (SPD). Er bewahrt die angeschlossenen Verbraucher bei Blitzeinschlägen und Rückkopplungen aus dem Stromnetz vor Überlastung, indem er die stromführenden Leitungen mit dem PE kurzschließt. Das System gliedert sich in drei Abschnitte:
- Typ 1 (ehemals A): Er wirkt noch vorm Zähler in der Gebäudeeinspeisung und verringert die Restspannung auf 1,3 bis 6 kV. Für die erste Stufe im Überspannungsschutz gelten aber schon 3 kV als guter Mittelwert
- Typ 2 (B): Der Mittelschutz kommt in den einzelnen Etagenverteilern zum Einsatz und darf maximal 4 kV weiterleiten
- Typ 3 (C): Um den letzten Schritt müssen sich die Hausbesitzer nicht selbst kümmern. Er betrifft den Überspannungsschutz einzelner Geräte und wird während der Produktion integriert. Der mit CE gekennzeichnete Feinschutz ist im EU-Raum die Grundvoraussetzung für die Handelslizenz
Kombiableiter: Eine Sonderform, die alle drei Typen in einem Gerät vereint.
Der Überspannungsschutz ist nur im Verbund wirksam genug, um die unmittelbare Gefährdung von Personen zu vermeiden. Und dennoch gilt der Mittelschutz als wichtigste Komponente, weil er die Hauptlast beim Brandschutz trägt. Schließlich sind die einzelnen Verbraucher unterschiedlich anfällig für thermische Beanspruchungen: Waschmaschinen oder Lüftungsanlagen etwa sind relativ robust. Die meisten Haushaltsgeräte werden heutzutage jedoch mit Kunststoffgehäuse ausgeliefert, welche bei unzureichendem Blitzschutz in Sekundenschnelle dahinschmelzen und Feuer fangen. Aus diesem Grunde kommen im häuslichen Umfeld grundsätzlich mehrere Einrichtungen vom Typ B zum Einsatz, die den Ansprüchen der einzelnen Stromkreise entsprechend dimensioniert werden müssen.
Gefahr gebannt
Wie sich die Entladungen in der oberen Atmosphäre verästeln, ist bislang nur in Ansätzen erforscht. Die Meteorologen gewinnen dank moderner Wettersatelliten mit speziellen Blitzsensoren jedoch täglich neue Erkenntnisse über extreme Auswüchse und Blitzeinschläge, die sich hunderte Kilometer vom Zentrum massiver Gewitterfronten entfernt ereignen. So wurde erst im Oktober 2018 ein Blitz über Brasilien detektiert, der die Distanz von 700 Kilometern überspannte. Vom südamerikanischen Kontinent stammt zudem ein weiterer Rekord: Im nördlichen Argentinien entlud sich im März 2019 ein Blitz über den Zeitraum von 17 Sekunden. Die Weltwetterorganisation unterstreicht daher die Gefahr, die von vermeintlich weit entfernten Gewittern ausgehen kann: „Wenn zwischen Blitz und Donner weniger als 30 Sekunden verstreichen, ist es angebracht, sich in Gebäuden in Sicherheit zu bringen. In flachem Gelände bietet das Auto den besten Blitzschutz, weil es vollständig aus Metall besteht.“